Anlässlich der Erinnerung an 30 Jahre Friedliche Revolution wurden vom 7. Oktober bis 9. November 2019 an der Schlossstraße parallel zum Kulturpalast zwei Ausstellungscontainer mit Sicht auf das Wandbild »Der Weg der Roten Fahne« platziert. Im Mittelpunkt des Ausstellungsprojektes standen Werte im Wandel der Zeit, ihre Bedeutung damals, heute und in Zukunft.
Eine Installation mit Einrichtungs- und Erinnerungsstücken aus der DDR und mehrere Dokumentationsstationen der Friedlichen Revolution in Dresden boten einen anregenden Rückblick. Im zweiten Container gab es die Möglichkeit, eigene Ideen und Visionen für eine Gesellschaft im Gespräch zu diskutieren, als Statements niederzuschreiben oder sich dem Thema mittels Fragebogen zu nähern. Eine Videoinstallation lieferte künstlerische Anregung.
Im Dialog bleiben
Die mehr als 1.000 Besucher kamen aus ganz Deutschland und dem Ausland. Etwa die Hälfte waren Dresdner, die andere Hälfte kam von Oldenburg bis in die Schweiz, von Gießen bis Görlitz. Das größte Interesse an der Ausstellung hatte die »Wendegeneration« zwischen 50 und 60 Jahren (26 Prozent), da sie Zeit vor und nach der »Wende« aus eigenem Erleben beurteilen können. Die erfreulich vielen jungen Besucher (21 Prozent), die erst nach dem Systemwechsel geboren wurden, zeugen von einem immensen Informationsbedarf an der Auseinandersetzung mit der DDR.
Der Grundtenor der Wünsche und Bedürfnisse der Besucher lässt sich kurz auf den Nenner »mehr Miteinander« bringen. Und das kann nur im gegenseitigen Austausch erreicht werden. Dieser Dialog hat vor und in den Containern vielgestalt und ausführlich stattgefunden. Die äußerst positive Resonanz und der gleichzeitige Wunsch der Besucher (mehr als 90 Prozent) nach weiteren ähnlichen Projekten bestärken uns für weitere Vorhaben.
Zum Wandbild »Der Weg der Roten Fahne«
Die über 150 ausgefüllten Fragebögen geben einen kleinen Ausschnitt aus dem Stimmungs- und Meinungsbild der Besucher wieder.
Der umgebaute Kulturpalast, an dessen Seite das Wandbild zu sehen ist, gefällt der großen Mehrheit der Besucher. Auch wenn das Wandbild selbst in der jüngeren Vergangenheit für viele Kontroversen sorgte, scheinen sich die Emotionen gelegt zu haben. Für zwei Drittel der Befragten ist es »ein Denkmal seiner Zeit«, für viele andere »gehört es zum Kulturpalast einfach dazu«.
Trotzdem hat das Bild für knapp 40 Prozent eine negative Ausstrahlung. Es löst zwar auch positive Erinnerungen aus Kindheit und Schule aus, die mit Statements – wie »es war solidarischer, menschlich wärmer« oder dem Wort »gemeinsam« – untermalt werden. Aber die negativen Erinnerungen dominieren durch das erinnerte Gefühl der Einengung, des »politisch gleichgeschalteten« Lebens, der Bevormundung und Unterdrückung individueller Ansichten oder Lebensentwürfe.
Was ist uns wichtig
Deutlich wurde eine Sehnsucht nach sozialer Gerechtigkeit, Gemeinsinn, Gleichberechtigung und einem friedlichen Miteinander – übrigens quer durch alle Altersschichten. So beantworteten 97 Prozent die Frage, ob die heutige Gesellschaft noch Ideale brauche, mit »Ja«.
Für Dreiviertel der Befragten ist »Frieden« wichtigstes Ideal. An zweiter und dritter Stelle wurden »soziale Gerechtigkeit« sowie »ein soziales Miteinander« benannt und zudem – neben der Weltoffenheit – als wichtigste Grundlage für ein gutes Zusammenleben in Dresden bewertet. Aktuell hält jedoch nur eine Minderheit diese Werte für verwirklicht.
Individuelle Werte, wie »Reisefreiheit« oder »gutes materielles Auskommen«, lagen in ihrer Bedeutung im unteren einstelligen Bereich. Lediglich »freie Entfaltung der Persönlichkeit« stach mit 29 Prozent hervor.
Was ist noch zu tun
Aus den Antworten zum Themenkomplex »Für eine bessere Zukunft« haben wir stellvertretend je Altersgruppe ein paar Ansätze zusammengefasst:
21–30 Jahre: »Ich würde versuchen, möglichst viele Meinungen von Menschen aus der Stadt zu hören und gemeinschaftliche Projekte zu fördern, damit sich auch unterschiedlich denkende Menschen näherkommen können und auch gehört werden.«
31–40 Jahre: Bessere Förderung sozialer und kommunaler Einrichtungen, der Kunst und anderer Einrichtungen im Sinne von Chancengleichheit, Weltoffenheit und Miteinander
41–50 Jahre: Förderung der Kommunikation zwischen Menschen mit unterschiedlichen Ansichten. Mehr Flexibilität und Bereitschaft der Stadtverwaltung.
51–60 Jahre: Mehr Bildung über Politik und Aufarbeitung der Geschichte; Wiederbelebung der Ideale der friedlichen Revolution von 1989
61–80 Jahre: Toleranz, öffentliche Sicherheit, Gerechtigkeit, Entscheidungen – nicht nur Worte, neue Architektur
Auf die Frage, wie ein Wandbild in zehn Jahren aussehen könnte, ergab sich letztlich ein relativ stimmiges Bild, quer durch alle Altersgruppen. Hier ein Statement stellvertretend für die Grundstimmung: »Mein zukünftiges Wandbild ist eine Kombination aus gesunder Natur mit viel Grün und moderner Zukunftstechnologie, die das Leben bunt, lebendig und friedlich machen. Das Bild wäre in jedem Falle farbenfroh und fröhlich.«
Das Heft zur Ausstellung (rechts oben blättern)